Wie viel Einfluss hat der Lebensstil wirklich auf unser Leben?

Dein Lebensstil ist der wichtigste Faktor für deine Gesundheit.

Diese Frage stellte ich mir das erste Mal so wirklich, als ich in einer Vorlesung zu Gefäßerkrankungen saß. Ganze Seiten und Stunden voller Signalwege und komplexer biologischer Systeme, wie denn jetzt der Patient Johannes Bär zu seinem Herzinfarkt kam. 

„Wieso haben sich denn seine Arterien verschlossen? – Naja, bestimmte Fettmoleküle sind in die Gefäßwand eingewandert und haben diese so lang verdickt, bis die Wand letztendlich platzt und das Gefäß sich verstopft.’’ 

 

 

 

Und damit war die Frage für den Dozenten beantwortet. Keiner schien irgendwie verwundert. Keiner, außer ich. 

Stellst du dir auch die Frage, warum das überhaupt passiert? Warum denken sich diese bösen Fettmoleküle, das sie sich ein neues Zuhause suchen dürfen? Passiert das einfach so? Ist das genetisch? Kann Johannes irgendwas dagegen tun, oder muss er bis zum Ende seines Lebens Blutverdünner nehmen?

Wenn man bei dieser oder anderen Zivilisationserkrankungen nachbohrt, dann gibt es am Ende tatsächlich meist einen Verdächtigen. – Unseren Lebensstil.

 

Das sagt ja auch das Wort: ZIVILISATIONS – erkrankungen. 

 

Und auch die Definition ist wie folgt:

Als Zivilisationskrankheiten bezeichnet man Erkrankungen, deren Häufigkeit einen sehr wahrscheinlichen Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten bzw. -verhältnissen aufweist, wie sie in Industrieländern vorherrschen. (1) 

 

 

Also sind diese Krankheiten maßgeblich von der Art, wie wir leben, abhängig.

Für Johannes hört sich das wahrscheinlich so an, als wäre das eine Sondergruppe von Krankheiten und betrifft bestimmt eher weniger Menschen mit gesundheitlichen Problemen, da der wichtigste Faktor für die Gesundheit ja die Genetik ist. Oder etwa doch nicht?

 

Was gehört zu den Zivilationserkrankungen und wie häufig kommen diese vor?

Zivilationskrankheiten sind immer chronische Krankheiten (langandauernde Krankheiten), welche nicht ansteckend sind, aber dennoch gehäuft in der Bevölkerung vorkommen. Das Erbgut ist nicht der ausschlaggebende Faktor für den Krankheitsverlauf. 

Im letzten Bericht der World Health Organisation (WHO) von 2020 wurden die 10 häufigsten Ursachen für Todesfälle in einkommensstarken Ländern, zu denen auch Deutschland gehört, dargelegt.

 

 

Hierbei stellt man schnell fest, das die nicht ansteckenden Krankheiten (in der Darstellung blau markiert) 9 von10 Plätzen einnehmen. Nur Atemwegsinfektionen haben es als einzige infektiöse Erkrankungsgruppe in die Aufzählung geschafft und hier gerade mal an sechster Stelle. (2) 

Also sind 9 von den 10 häufigsten Ursachen für Todesfälle den Zivilisationserkrankungen zuzuschreiben. Interessanterweise nimmt die Anzahl der meisten Erkrankungen auch mit der Verbesserung unseres Gesundheitssystems zu und nicht ab. 

Und hier sind „nur’’ die Todesfälle berücksichtigt, noch gar nicht die vielen Betroffenen, die gerade noch mit den Symptomen leben müssen. Somit trifft der Begriff „Volkskrankheiten“ den Sachverhalt wahrscheinlich noch besser. 

Außerdem ist die These, dass die Gesundheit immer hauptsächlich genetisch bestimmt wird, hinfällig. Denn alle Einwohner von den 80 einkommensstärksten Ländern der Welt können nicht alle das gleiche genetische Material in sich tragen, weswegen sie die gleichen nichtansteckenden Krankheiten in so einer Häufigkeit ausbilden. Nur eine Minderheit an Krankheitsfällen können wirklich auf das Erbgut der Erkrankten zurückgeführt werden. 

Es muss sich hier wohl um eine andere Gemeinsamkeit handeln. Und hier sind wir wieder beim Lebensstil. Denn all diese Länder sind mittlerweile durch eine westliche Lebensweise geprägt.

 

 

Typische Zivilisationserkrankungen, bei denen die Lebensweise einen großen Einfluss hat:

 

  • Karies
  • Herz- und Gefäßerkrankungen
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Bluthochdruck
  • Übergewicht und Adipositas (Fettsucht)
  • Gicht
  • Diarrhö (Durchfall) und Obstipation (Verstopfung)
  • Osteoporose
  • manche Allergien
  • bestimmte Krebserkrankungen (z. B. Lungenkrebs, Darmkrebs, etc.)
  • bestimmte Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Akne, etc.)
  • Kurzsichtigkeit
  • bestimmte psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen und Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa)
  • Rückenschmerzen und Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • bestimmte Hormondysbalancen

Welche Aspekte des Lebensstils beeinflussen Gesundheit und Lebensqualität?

Jetzt kommt das Wissen, dass wir alle kennen, aber manchmal nicht wahr haben wollen:

„Als auslösende bzw. begünstigende Faktoren des modernen Lebensstils gelten u.a.:

 

  • mangelnde körperliche Aktivität (Bewegung), 

  • unausgewogene oder übermäßige Ernährung (Ernährungsphysiologie, Stoffwechselkrankheiten),

  • Überbelastung im Berufsleben, 

  • Alkohol- (Alkoholismus), 

  • Tabak- (Rauchen) und 

  • Arzneimittelmissbrauch (Drogenabhängigkeit) 

  • Umweltchemikalien,

  • Stress,

  • Lärmbelastung und 

  • Reizüberflutung.“ (3)

 

 

Die sogenannten Symptome, oder besser gesagt Hinweise deines Körpers sind ein Appell an dich, dass du genauer hinschauen sollst, was die Ursache sein kann. Was ihn an deinem Lebensstil stört. Der menschliche Körper kann einiges vertragen und ist hart im nehmen, aber wenn zu viel auf einmal kommt, macht auch er irgendwann dicht.

Im Fall von Johannes ist es so, dass er sich sehr oft tierische Produkte und Alkohol genehmigte. Somit wurde sehr viel von den schlechten Fettmolekülen LDL-Cholesterin in seinem Körper gebildet und diese sind durch seine Gefäße gewandert. Und den Rest der Geschichte kennen wir ja schon. 

Jetzt steht er vor der Wahl: Sein Arzt verschreibt ihm Blutverdünner, aber empfiehlt ihm eigentlich eine Lebensstilveränderung. Was soll er tun? Kann er sich nicht einfach die Anstrengung sparen, wenn es ein Medikament auch tut?

 

Wieso nicht einfach eine Pille anstatt die Verhaltensänderung?

 

 

Eine Ölleitung bekommt ein Loch und viele Tonnen Öl laufen unkontrolliert ins Meer, das komplette Ökosystem in diesem Bereich ist bedroht und viele Fische, Vögel und andere Tiere sterben.

Irgendwann bekommen es die Bewohner an Land mit, dass sich die schönen Strände schwarz verfärben und Baden nicht mehr möglich ist.

Aber anstatt das Loch zu schließen und das Öl abzupumpen, weil es etwas mehr Aufwand bedarf, grenzt man das Gebiet durch schwimmende  Schläuche ab, sodass das Öl nicht mehr bis zum Strand getrieben wird. Die Bewohner denken, weil kein Öl mehr bei den Stränden ankommt und Baden wieder möglich ist, ist wieder alles in Ordnung. 

Aber es treten immer mehr Tonnen Öl aus und vergiften das ganze Meer. Die Bewohner sehen zwar das Öl nicht mehr, aber bemerken, dass die Fischer immer weniger Fang an Land bringen und auch die Badegäste zunehmend krank werden. 

Schlussendlich verschwinden alle Probleme der Küstenbewohner erst, wenn das Loch der Ölleitung wieder verschlossen wird.

Genauso ist es bei vielen Medikamenten: Anstatt die Ursache zu behandeln, werden einfach die aufkommenden Symptome therapiert. Das heißt, eine störende Konsequenz aufgrund einer unvorteilhaften Lebensweise, wird ausgeschaltet oder zumindest verringert, indem man einfach das Symptom ausschaltet. Dadurch ist aber die Erkrankung an sich immer noch da und weitere Symptome werden nicht behandelt. Hier bräuchte man wieder ein anderes Medikament. 

Dabei darf man auch nicht vergessen, dass diese unglücklicherweise immer Nebenwirkungen mit sich bringen, für die man gegebenenfalls wieder neue Medikamente bräuchte. Und dieser Teufelskreis geht so lange weiter, bis die Leber oder Niere irgendwann keine Lust mehr haben und aufgeben. 

Um zurück zu Johannes zu kommen: Wenn er anfangs annimmt, er müsse nur eine Pille nehmen und dann ist er geheilt, liegt er falsch. Ein Medikament ist eine gute Möglichkeit für den Anfang, aber auf lange Sicht sollte er eindeutig seine schlechten Gewohnheiten mit Besseren ersetzen, damit es ihm schneller und auf lange Sicht gut geht. 

Er entscheidet sich für eine Verhaltensänderung mit medikamentöser Begleitung, die er aber nach ein paar Wochen bis Monaten absetzen kann. Er hat nicht nur keine Symptome wie Enge in der Brust und Atemnot mehr, sondern sein gesundheitlicher Zustand hat sich sogar im Gegensatz zu vor dem Herzinfarkt sogar verbessert. Denn Verhaltensänderungen haben nicht nur keine wirklichen Nachteile, sondern sie haben auch noch den Vorteil, dass sich das Verhalten auf viele Bereiche der körperlichen Gesundheit auswirken kann. Auf einmal hat sich auch seine Verdauung und seine Produktivität verbessert. 

 

Übernehme Verantwortung für deine Gesundheit!

Sowohl präventiv Gewohnheiten umzukrempeln oder erst während der Erkrankung aktiv zu werden, lohnt sich. 

Zuallererst klingt eine Lebensstilintervention anstrengend, das gebe ich zu. Aber das Schöne ist, dass es auf jeden Fall nicht so anstrengend ist, wie man es sich vorstellt. Denn der Trick dabei ist, sich nichts zu verbieten, sondern etwas zu finden, was einem mehr Spaß macht und besser ist als zuvor. Und diese Veränderung Schritt für Schritt anzugehen und sich auch in geeignetem Maße alte Gewohnheiten zu erlauben. Somit hat man das beste von beidem, die verbesserte Lebensqualität und den Spaß. 

 

(1)Antwerpes. (2018, 7. Juli). Zivilisationserkrankheit. DocCheck Flexikon. Abgerufen am 21. Oktober 2021, von https://flexikon.doccheck.com/de/Zivilisationskrankheit
(2)The top 10 causes of death. (2020, 9. Dezember). World Health Organization. Abgerufen am 21. Oktober 2021, von https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/the-top-10-causes-of-death
(3)Zivilisationserkrankungen. (o. D.). Spektrum, Lexikon der Biologie. Abgerufen am 21. Oktober 2021, von https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/zivilisationskrankheiten/71843

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